Dienstag, 4. Mai 2010

Oberhof Spielewoche 2010 Teil 3

So, nun kommen wir zum letzten Teil meiner in Oberhof gespielten Spielen mitsamt Eindrücken:

Magister Navis

Die Spieler entdecken und besiedeln neue Kontinente und auch die alte Welt. Zu Beginn jeder Runde wählen die Spieler ein neues Gebäude. Manche Gebäude haben einen einmaligen Effekt, andere wiederum erlauben später Aktionen durchzuführen. Danach gibt es neue Steine aus einem allgemeinen Vorrat und zugleich eine bestimmte Menge benutzte Steine aus der Vorrunde zurück. Zuletzt werden die Aktionen ausgeführt und zwar immer nur eine, wenn man an der Reihe ist. Entweder besiedelt man eine unbesetzte Stadt, segelt auf Entdeckungsreise, erwirbt eine Karte (die relativ mächtig ist, aber nur begrenzt gehalten werden darf) oder schafft sich Platz mithilfe eines Gefechts. Je mehr Steine man zu Verfügung hat, umso mehr kann man machen.

Eigentlich geht es vor allem darum, sich in dem 4 Bereichen weiterzuentwickeln: entweder bessere Gebäude erwerben, mehr Steine in den Vorrat bekommen, mehr Steine von den Gebäuden zurückbekommen oder mehr Karten behalten. Neben den Effekten im Spiel bringen diese Verbesserungen auch Punkte bei Spielende. Ebenfalls Punkte erhält man für errichtete Siedlungen auf dem Spielplan und nicht zu knapp.

Magister Navis war bereits in der "Pre-Essen 09 - Phase" in aller Munde. In einer überschaubaren Spielzeit (wie, es sind nur noch 2 Runden??) bieten sich zig Möglichkeiten und Räume Neues zu entdecken und auszuprobieren. Dabei war zu beobachten, dass verschiedene Strategien den Sieg bringen können: starke Gebäude, sowie starke Besiedelungen oder auch starke Karten. Magister Navis erfordert gute Beobachtungsgabe und Gespür für die richtige Aktion zur rechten Zeit. Es wurde bereits reichlich diskutiert, ob das Gefecht den unterlegenen Spieler nicht zu hart bestraft, aber man kann sich einerseits für die Gegner unlukrative Plätze für seine Siedlungen aussuchen und andererseits hat jeder die Möglichkeit sich selbst mit Kanonen einzudecken. Klar, ein wenig Willkür ist letztlich schon dabei, aber nicht so dramatisch, wie es anderenorts gesehen wird. Kleine Nachteile sind der große Aufbauaufwand und die nervige Punktezählerei am Ende. Trotzdem ein absolutes Topspiel.


Säulen der Erde - Duell der Baumeister

Thematisch und optisch sehr nah am großen Brettspielbruder soll das Duell der Baumeister der legendären Zweipersonenreihe von Kosmos wieder zu neuen Weihen verhelfen. In jeder Runde liegen 9 Karten in einem 3x3 Felderraster aus. Davon beanspruchen die beiden Spieler jeweils 3 Karten, die alle waagrecht, senkrecht oder diagonal liegen müssen. Bedingung ist zudem, dass der nachziehende Spieler eine Karte des Startspielers ebenfalls beansprucht. Um diese eine Karte wird ein Machtkampf ausgetragen: abwechselnd wird ein Siegel hochgeschnippt und je nachdem, wie es auf dem Tisch landet zeigt es einen bestimmten Wert (1 oder 5, 2 oder 4, 2 oder 3). Man kann noch weitere Siegel schnippen, aber meist lohnt das nicht wirklich - der Verlust der Siegel wirkt recht stark. Mit den Karten kann man zumeist Rohstoffe veredeln, Geld anhäufen, neue Siegel gewinnen, oder seine Position sonst irgendwie stärken. Spielziel ist es sein großes Gebäude als erstes fertiggestellt zu haben. Die Gebäude bestehen aus drei Teilen und jedes Teil benötigt bestimmte verarbeitete Baustoffe.

Das spielt sich zwar recht gefällig, wirkt aber thematisch absolut aufgesetzt und kann nicht nachhaltig überzeugen, schon gar nicht an die Toptitel aus der Reihe anknüpfen.


Ra - das Würfelspiel

Der Trend zu bekannteren Brettspielen eine Würfeladaption zu veröffentlichen ist nach wie vor ungebrochen. Jetzt hat es auch Ra "erwischt": Mit 5 Würfeln wirft man an der Reihe maximal 3 x um bestimmte Positionen zu verbessern. Es gibt Symbole für den Pharao, die Sonne (die das Ende eines Durchgangs näher bringt), Zivilisationen, den Nil und zuletzt die Monumente. Für alles gilt: je mehr gleiche Würfel, desto besser. Das "Ankh"-Symbol lässt sich dabei als Joker einsetzen. Die Wertungen nach den 3 Runden erinnern 1:1 an das Brettspiel. Schnell kommt einem vieles Vertraut vor, auch wenn die Optik etwas Steriles, Mathematisches hat.

Auch wenn das genialste Element von Ra hier nicht zu finden ist (das Bieten mit den Sonnen), spielt sich Ra - das Würfelspiel angenehm schnell und macht Spaß - mehr bedarf es eigentlich kaum zu sagen.


Jäger und Sammler

Nach dem Ra Würfelspiel gleich noch ein Spiel von Autorenfließbandarbeiter Reiner Knizia: Jäger und Sammler (nicht zu verwechseln mit Carcassonne - Die Jäger und Sammler). In einer Sommer- und Winterphase bewegen wir unsere Leute jeweils über den Plan und sammeln Gegenstände ein, die uns am Ende Punkte bringen sollen. Dazwischen kann man noch Waffen aufsammeln, mit denen man die lukrativen Mammuts erlegen kann. Manche Gegenstände haben einen festen Wert, andere dagegen sollte man in größerer Zahl sammeln, denn das kann beträchtliche Punkte geben. Die genommenen Plättchen verkleinern nach und nach den Aktionsradius der Spieler.

Nicht zu Unrecht wurde Jäger und Sammler schon mit Packeis am Pol verglichen. Auch dort versucht man durch geschicktes Abschneiden der Wege die Gegner zugunfähig zu machen und ihnen den Weg zu lukrativen Plättchen zu verstellen. Was aber bei Packeis am Pol schnörkellos genial einfach ist, wirkt hier sehr konstruiert und familiengerecht glattgebügelt. Irgendeinen Ausweg gibt es meist durch eine Höhle oder über feststehendes Gebirge. So befriedigen die Jäger und Sammler zwar ein Grundbedürfnis fast jeden Spielers, doch schon eine Wiederholungspartie lässt den Langeweilefaktor steigen.


Neuron

Dieses kleine, unscheinbare Spiel hat's in sich wenn es gilt, seine grauen Zellen anzustrengen: Die Spieler halten immer ein Plättchen auf der Hand, um es an eine Auslage anzulegen. Auf den Plättchen befinden sich verschiedenfarbige Leitungen. Liegen bereits ein paar dieser Plättchen in der Tischmitte aus, so kann man sich vorstellen, dass sich ein wahres Leitungswirrwarr gebildet hat. Die Spieler dürfen ihr Plättchen nicht versuchsweise anlegen, sondern müssen sich direkt entscheiden und das Teil dann so liegen lassen. Klar, dass solch eine Aktion gut überlegt sein will. Nach 15 Minuten sind alle Plättchen gelegt und der Startspieler wechselt. Nach einigen Durchgängen endet eine Partie, die sich sogar noch erschweren lässt, wenn man zu den quadratischen Plättchen greift, oder sogar erlaubt Lücken zu bilden.

Der Schwachpunkt ist eindeutig die Siegpunktzähltafel, die zwar bewusst im gleichen Design der Leitungen gehalten ist, aber dadurch sehr unübersichtlich und Fehlern Tür und Tor öffnet. Neuron ist ein sehr ungewöhnliches Vergnügen, das sicher nicht für jeden Spielertyp ein Vergnügen sein wird.


Rattus

Nachdem sich Quined Games und White Goblin Games aufgesplittert haben, nun der Beitrag von den Zweitgenannten: Rattus. Die Spieler gewinnen Einfluss durch platzieren ihrer Steine in verschiedenen Regionen Europas, doch die Rattenplage nimmt ständig zu und dezimiert die Bevölkerung. Das Nutzen von Rollen erleichtert die Ziele der Spieler, aber ein schön verzwickter Mechanismus sorgt dafür, dass die Rollenbesitzer eher von der Plage betroffen sind. Auch wer zu viele Steine in einem Gebiet hat, ist ein gerngesehenes Opfer der Ratten. Ende ist, wenn entweder alle Rattenplättchen durchgespielt wurden, oder aber ein Spieler seine ganzen Steine auf dem Brett hat. Dann schlagen in allen Gebieten noch einmal die Ratten zu.

Thematisch makaber, aber dennoch spielerisch mäßig anspruchsvoll umgesetzt entführt uns Rattus in die Zeit, in der die Pest Europa regierte. Dabei ist die Rollenwahl und clevere Nutzung dieser das größte Plus. Eine Rolle erlaubt das Sichern eines Steines bis zum Ende - diese Rolle wird gerne komplett überschätzt. Viel einfacher ist es massenweise eigene Steine aufs Brett zu bringen, wenn sich die Chance ergibt. Ein paar Überlebende gibt es immer. Rattus bietet ganz nette Unterhaltung, die allerdings nicht völlig überzeugen kann und ebenso keinen Wiederholungsaufforderungsfaktor besitzt.


Das letzte vor Ort gespielte Spiel sollte eine große positive Überraschung bescheren: Fabrikmanager. Beim Auspacken und Begutachten des Materials lästert man noch leise über die Grafik, die sich während des Spiels dann als liebevoll und mehr als zweckdienlich entpuppt.

Wir haben die Aufgabe während mehrerer Runden eine möglichst effektive Fabrik zum Laufen zu bringen, um mit dem größten Vermögen als Sieger vom Feld zu gehen.

In jeder Runde wird zunächst die Spielreihenfolge ersteigert. Gesteigert wird aber nicht mit Geld, sondern mit unseren Arbeitern. Wer später dran ist bekommt zwar Vergünstigungen, guckt bei der Auswahl aber mitunter in die Röhre. Dann „schaufeln“ alle Spieler in der Reihenfolge ein paar Maschinen frei, die in dieser Runde verfügbar sein sollen. Dabei gilt: spätere Maschinen sind normalerweise besser, als der alte angestaubte Kram. Schon hier muss man abwägen: bin ich spät dran, gebe ich den frühen Spieler keine gute Vorlage. Bin ich früh dran, versuche ich bereits „gute“ Maschinen freizubekommen, denn ich habe die erste Wahl.

Die Maschinen haben verschiedene Eigenschaften: Stromverbrauch, Produktion Kisten, Lagerraum für Paletten, Arbeitskraft nötig oder Automatismen (spart Arbeiter). Die ganze Geschichte erinnert vom Gefühl her erstaunlich an Funkenschlag, ohne natürlich die Vielfalt und Spieltiefe zu erreichen, aber dafür spielt sich der Fabrikmanager auch ziemlich flott und wie aus einem Guss rund.

Schade, dass ich zu diesem Zeitpunkt meine Wahl für den Pfefferkuchel bereits abgegeben hatte. Dieses tolle Spiel hätte sonst sicher einen Platz auf der Liste gefunden.

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