Dienstag, 23. April 2013

Oberhof Bericht Teil 2

Nun noch weitere Spiele, die wir in Oberhof antesten durften:

Gauner
Von einer Auslage dürfen wir immer eine Sorte Gauner auf die Hand nehmen und eine Sorte ins Gefängnis schicken. Genommen und geschickt wird immer von rechts oder Links. Oder man darf so viele Gauner einer Sorte auslegen - allerdings nur, wenn man dadurch die meisten auf dem Tisch hat, wodurch der bisherige stärkste seine Gauner verliert. Ist das Gefängnis voll (bestimmte Menge an Gaunern), sind die ausgelegten Gauner Punkte Wert je nachdem wieviele davon im Gefängnis sitzen. Das Ganze geht über mehrere Durchgänge und die meisten Punkte gewinnen.
Einen Gewissen Spaßfaktor kann man Gauner nicht absprechen, wenngleich der große Einfluss nicht vorhanden ist. Auf Dauer allerdings erschöpft sich das Ganze schnell, denn es ist schnell klar wie man sinnvoll agiert und dann entscheidet die Auslage.


Tzolk’in
Ob Kalkül dahintersteckt, das Spiel mit dem Thema im "Weltuntergangsjahr" herauszugeben? Man weiß es nicht. Brillanter Hingucker sind natürlich die Zahnräder, die nach jeder Runde einen Zahn weiter gedreht werden (in bestimmten Situationen auch zwei Zähne). Arbeiter setzt man entweder ein, oder man nimmt sie samt Ertrag zurück. Natürlich will man Arbeiter nicht zu früh zurücknehmen, weil es auf späteren Feldern zumeist bessere Erträge gibt. Problem kann sein, dass man immer eine Aktion ausführen muss wenn man am Zug ist. Es gilt also das richtige Timing zu entwickeln. Zu Erwerben gibt es Rohstoffe, Nahrung, Gebäude und diverse Punktequellen. Die Zeichenerklärung sorgt schnell für einen Überblick. Wie man sinnvoll spielt, das steht auf einem anderen Blatt. Hilfreich für die Erträge sind die Bonusentwicklungen, die man eher nicht gänzlich vernachlässigen sollte.
Tzolk'in wird als eines der herausragenden Spiele des Jahrgangs 2012/13 gehandelt und das überwiegend zu recht. Allerdings können Partien auch ziemlich an einem Spieler vorbeilaufen, wenn die Timingreihenfolge sehr oft nicht passt. Ich halte das Spiel nicht ganz so überragend, wie viele andere. Im Kern handelt es sich doch 'nur' um ein Arbeitereinsetzspiel, bei dem die Verwaltung durch die Zahnräder entschlackt wurde. Hat man sich nach ein paar Partien des Zahnradblendwerks sattgespielt, wird das Spiel der schneller werdenden Halbwertszeit zum Opfer fallen. Mir fehlte schnell die Lust es sofort besser machen zu wollen.


Wunderland
Thematisch bewegen wir uns bei diesem Reisespiel im Hamburger Miniaturwunderland. Mit 2 Aufträgen bewaffnet will man seine Reisenden zu den verlangten Orten bewegen, um für das Erfüllen Punkte zu erhalten, oder in bestimmten Orten Postkarten zu sammeln. Hat man zuerst 5 Aufträge erfüllt oder von 7 Orten Postkarten gesammelt, endet die Partie. Der Clou ist eindeutig das 'Mitreißen': bewegt sich ein Spieler von einem Feld weg, auf dem auch andere Spieler stehen, dürfen diese Mitreißen. Der Rest erinnert zunächst an Zug um Zug, ist aber vor allem sehr einfach gehalten und das ist auch gut so. Das sorgt für einen kurzweiligen Spielspaß und für einen schnellen Einstieg, auch für Neulinge. Die taktischen Möglichkeiten sind nicht so trivial, wie es zunächst scheint, allerdings kann es vom Start weg schlecht laufen, wenn man Aufträge zieht, die entfernteste Punkte zeigen. Ob das Postkartensammeln eine Alternative zum Auftragssieg sein kann, möchte ich bezweifeln. Zu schnell kann eine Partie vorbei sein. Wunderland ist hochwertige Unterhaltung mit Suchtfaktor.


Myrmes
Wir dirigieren unsere Ameisenkolonie durch 3 Jahre und versuchen möglichst viele Punkte zu generieren. Da bekommt man Neue Eier, Soldaten, Arbeiter, lässt letztere Felder anlegen und Rohstoffe ernten, dabei werden die Soldaten auf diverses Viehzeug losgelassen und man entwickelt sich weiter, was erlaubt bessere Felder anzulegen und dementsprechend mehr Rohstoffe zu ernten. Gegen Ende lassen sich noch diverse Opfer bringen, um ordentlich Punkte zu machen.
Das Thema stimmt auf jeden Fall und ist absolut unverbraucht, doch wo bitteschön wird das wirklich abgebildet? Im Gründe reduziert sich alles auf staubtrockene Punkteoptimierung bei höchster Mangelverwaltung. Zu behäbig kommt man vorwärts, sieht man Erfolge. Spätestens wenn der Raum auf dem Brett eng wird, zeigt sich, welche Spieler keine Chance mehr haben werden. Myrmes verzeiht keine Fehler und das sorgt für Frust. Spielspaß definiere ich anders.


Bora Bora
Im Vor’feld’ (Achtung - Kalauer!) hatte man bereits viel zu dem Spiel erfahren können. Ein ausgesprochener 'Punktesalat', bei dem man immer irgend etwas sinnvolles machen kann ließen Beliebigkeit befürchten.
Das spielerische Element sind (natürlich) die Würfel. Durch Platzieren auf Aktionstafeln führt man diese Aktion aus. Höhere Werte sind dabei besser, als niedrigere Werte, allerdings kann man Höhe Werte nicht überall einsetzen, denn später platzierte Würfel müssen stets niedriger sein, als frühere Würfel. Ein schlechter Wurf kann hier schon vieles kaputt machen und erfordert ständigen Einsatz von Göttern. Diese erlauben neben anderen Vorteilen die Platzierungsregeln zu brechen.
Auf dem Spielplan finden wir einen bunten Cocktail an Punktequellen und Verflechtungen, an denen man sich eigentlich immer laben will.
Gleich vorweg: nach den Vorinfos schwante mir schon Böses, aber so schlimm war das Ganze dann doch nicht. Die zunächst große Überfrachtung an Symbolen erschließt sich mehr und mehr und kann sogar als 'Genial einfach' bezeichnet werden. Das Spiel selbst fordert und lässt die grauen Zellen rauchen. Einige Überlegung sollte man schon anstellen, denn die Aktionen sind beileibe nicht so beliebig, wie es der Punktewust erahnen lassen würde. Zu einem hochklassigen Spiel fehlt es allerdings an Eleganz und einem größeren spielerischen Element, denn der Würfelplatzierungsmechanismus wird eigentlich ständig ausgehebelt.


Brügge
Ein Würfelwurf vor jeder Runde entscheidet, zu welchem Preis wir uns im Rathaus hochschlafen äh -kaufen dürfen, für welche Farbe man Wieviel Geld bekommen kann und welche Schadensmarker man erhält. Dann führen wir 4 der 5 möglichen Aktionen durch, wobei das Highlight eindeutig die 165 individuellen Personenkarten sind. Man will sich kaum vorstellen, wieviele Monate Herr Menzel mit den Grafiken zugebracht hat!
Mit den Aktionen bringen wir die Personen auf den Tisch, lassen sie für uns werkeln, bauen wir am Kanal (es soll ja um Brügge gehen), holen wir uns Geld oder werden wir Schadensmarker wieder los. Dabei macht vor allem das Kombinieren mehrerer zusammenpassender Personen Spaß. Leider sind die oft nicht zu bekommen, denn wenn man Karten zieht, sieht man nur deren Farbe, nicht aber die Person auf der Vorderseite.
Brügge besitzt schon eine Reihe attraktive Mechanismen, allerdings sollte man in einem Spiel nicht das Fehlen fast sämtlicher Interaktion vertragen können. Ich fiebere viel mehr dem Würfelwurf entgegen, als den Aktionen der anderen Spieler - die sind mir nämlich strunzegal. Weiter bemängeln lässt sich der große Zufallsfaktor, das Kartennachziehen, das nicht wirklich korrekt funktioniert, denn der Nachziehstapel liegt nie deckungsgleich aufeinander, dass man oft die nächste(n) Kartenfarben schon sehen kann.
Das schlimmste aber sich die fiesen Personenkarten, die bei den anderen Spielern für Frust sorgen... auf so eine Art der Interaktion kann ich gerne verzichten. Wen das alles nicht juckt, der hat sicherlich Freude an Brügge - ich nur bedingt.

Einen Teil wird's noch geben
und hier noch die Kinokritik zu Gold: Du kannst mehr als du denkst

3 Kommentare:

Manuel hat gesagt…

:-) Ich weis du schreibst hier keine Rezis dennoch bringst du die Spiele in 2 Sätze auf den Punkt und kritisierst mehr als das du lob zu verteilen hast. Sehr gut denn 1. habe ich keine Zeit mir Kritiken durchzulesen 2. Keine Zeit um schlechte Spiele zu spielen
Denn da Spiele ich lieber was anderes tolles.

Wird ganz gespannt was für ein Spiel du noch aus dem Ärmel schüttelst.

eisen hat gesagt…

Hallo Manuel!

Freut mich, dass ich das hier nicht ganz umsonst schreibe.
Ich verteile auch gerne Lob, aber wenn man jahrelang ständig die neuesten Sachen auf dem Tisch hat, dann gewöhnt man sich ein wenig ab, alles sofort euphorisiert zu sehen.
Viele herausragende Meinungen resultieren nämlich auch daraus, dass das Neue Spiel immer besser sein muss, wie ein älteres, oder wenn man der Erste ist, der ein Spiel schon hat, oder oder... aber die wenigsten Spiele bleiben länger im Gedächtnis, woran natürlich auch die Neuheitenflut schuld ist.

Viele Grüße
Bernd

Manuel hat gesagt…

Ja ich lese eigentlich immerm mit. ;-) Vor allem irgend welche Berichte über Prototypen und Gedanken von dir über dies oder jenes.

Genau so sehe ich das auch. Und wenn ich früher alles gut fand muss ich sagen Spiele ich heute lieber X mal ein gutes Spiel als 5 mal ein durchschnittliches.

Im allgemeinen finde ich das Spiele heute kaum noch ausgereizt werden. Wie soll das auch funktionieren. Zum Beispiel Archipelago (wenn ich mich recht erinnere hast du darüber auch geschrieben) Das Spiel ist doch voll Details und keine Runde ähnelt auf Grund der Karten die in Spiel kommen einer anderen. Dadurch wird mir als Spieler aber auch die möglichkeit genommen das Spiel auszuloten. Bis an die perfektion zu kommen.

Abgesehen davon das ich zu wenig Zeit habe ein Spiel solange zu spielen bis ich es perfekt spielen könnte. Fühle ich mich da einfach wohler wenn ich das Spiel als ganzes erfassen kann.

Bei Archipelago fühle ich mich jedenfalls immer als würde ich es zum ersten mal spielen. Eine Strategie gibt es nicht, ich entscheide immer spontan und eher auf taktischer Basis.

Gruß Manuel
(Der wenn er sein Spielregal anschaut die spannenste Partien bei Puerto Rico und 1830 erlebt hat)